Patricia Santos
In welcher Einrichtung möchte ich mein Praktikum oder meine Ausbildung machen? Diese Frage beschäftigt irgendwann alle Auszubildenden während oder vor der Ausbildung. Wusstest du, dass es in Frankfurt neben den städtischen und großen Trägern auch über hundert kleine Kitas gibt, die nach den vielfältigsten Konzeptionen arbeiten?
Im Interview mit Patricia Santos erfährst du, warum es sich lohnen kann, in einer kleinen Kita mit einem besonderen Konzept, eine Ausbildung oder ein Praktikum zu machen.
Patricia, du bist Kita-Leitung in der Kita Curumim. Bildet eure Kita aus, und wenn ja, welche Ausbildungsgänge bietet ihr an?
Wir bieten verschiedene Ausbildungsformen an, von Schülerpraktika über die berufsbegleitende Ausbildung bis zum Jahrespraktikum der Erzieher*innen. Wir sind schon sehr erfahren mit Praktikant*innen. Einige Kolleg*innen haben bereits eine Weiterbildung in der Anleitung von Praktikant*innen absolviert. Was wir leider nicht anbieten können, ist das Anerkennungsjahr für Sozialarbeiter*innen, was sehr schade ist, weil wir gerne vielfältig sind.
Welche Gründe sprechen für eine Ausbildung in einer kleinen Kita?
Es wird viel über sehr große Träger gesprochen, weil sie angeblich viel mehr als alle andere Träger bieten. Aber das stimmt nicht, wir sind auch interessant und haben viel zu bieten. Das Besondere an einem kleinen Träger ist, dass man das Ergebnis seiner Arbeit direkt sieht. Dass man mitgestalten kann, wenn man aktiv, neugierig und interessiert ist. Es ist keine starre Struktur vorgegeben. Und es ist auf jeden Fall ein Pluspunkt für kleine Träger, dass die Distanzen kürzer und die Hierarchien flacher sind.
Welche Gründe haben Praktikant*innen und Auszubildende, sich bei euch zu bewerben?
Viele schrecken leider immer noch vor einer Krippe zurück und noch dazu vor einer mehrsprachigen Krippe. Aber wer sich uns aussucht, tut das bewusst, und das macht viel aus. Bewusst, weil wir mehrsprachig sind, bewusst, weil wir mit Themen wie Umwelt, Vorteilbewusstsein oder Gender arbeiten. Wer hierher kommt, bleibt oder kehrt zu uns zurück, weil unsere Kita und die Kinderbetreuung nicht trennbar von diesen Themen sind.
Patricia Santos
Es ist also euer besonderes Konzept, das euch zu einem tollen Ort für Praktikant*innen macht?
Auf jeden Fall, weil wir Vielfalt und Diversität in der Kita leben. Wir sind tolerant gegenüber Unterschieden. Und wir sind neugierig: „Okay, das kenne ich nicht, ihr macht das anders, erklär es mir, ich möchte das nachvollziehen und besser verstehen.“
Eine weitere Besonderheit ist unser Kulturansatz. Wir feiern bestimmte Feiertage und bieten zum Beispiel Capoeira für die Kinder an. Capoeira ist ein brasilianischer Kampftanz. Alle lieben das, ob sie brasilianische Kinder sind oder nicht. Auch wenn wir unterschiedlich sind, können wir ähnliche Interessen haben. Die Kinder wollen sich bewegen und sie haben Spaß. Es ist schön, diese Energie zu sehen. Wir haben diese Energie auch.
Wir haben ein vielfältiges Team, auch was das Basiswissen betrifft. Wir haben zum Beispiel eine Kollegin, die Sängerin ist. Sie macht supertolle Musik-Projekte. Oder wir haben einen Kollegen, der früher Lehrer war. Er führt spannende Experimente mit den Kindern durch. Ich finde das schön, diese Besonderheit jeder einzelnen Person, als Stücke eines großen Puzzles.
Aber vieles, was wir als kleiner Träger anbieten können, ist nur möglich durch die ehrenamtliche Arbeit von unserem Verein.
Ich bin hier als Leitung, aber ich habe auch meine Rolle als Vorstand in der Einrichtung. Ich bin zum Beispiel zuständig für die Finanzplanung, das mache ich noch ehrenamtlich dazu. Und viele andere Kolleg*innen haben auch ihre Beiträge in der Kita geleistet und leisten sie immer noch.
Hier ist viel Herz dabei. Ich glaube, das macht den größten Unterschied. Das merkt man auch, wenn man hier reinkommt. Hier herrscht eine herzliche Atmosphäre. Das war auch ein Feedback der Praktikant*innen, die hier waren.
Ich glaube, das ist auch ein Vorteil von kleinen Trägern, dass man sich nicht allein fühlt, dass man Deckung bekommt. Normalerweise werden die Entscheidungen im Team getroffen und getragen, und ich bin auch da, um zu bestärken.
Wie ist das mit der Mehrsprachigkeit? Kann man bei euch arbeiten, wenn man kein Portugiesisch oder Englisch spricht?
Natürlich muss man nicht die fremde Sprache beherrschen. Es wäre aber schön, wenn man eine unserer drei Sprachen kann, Deutsch, Englisch oder Portugiesisch. Wenn man auch kein Deutsch kann, könnte es vielleicht ein bisschen schwierig im Praktikum werden. Auch wenn unsere Haltung dazu ist: Die Sprache ist für uns eine Lösung, kein Hindernis. Es gibt hier Familien, die z.B. Italiener sind. Dann kommunizieren wir mit Händen und Füßen. Wir werden uns verstehen, egal wie.
Für Meetings und Dokumentationen verwenden wir normalerweise Deutsch. Wenn ein*e Kolleg*in Schwierigkeiten damit hat, dann wird er/sie von allen anderen Kolleg*innen unterstützt. Auch die Technologie heutzutage hilft.
Und was ich schön finde ist, dass am Ende auch die deutschsprachigen Kolleg*innen etwas Portugiesisch lernen. Manche gehen auch zur Sprachschule, und das finde ich super. Diese Einstellung und diese Offenheit braucht man in einer mehrsprachigen Kita.
Als mehrsprachige Einrichtung sehen wir uns nicht als eine Sprachschule, um den Kindern eine Fremdsprache beizubringen. Wir sind hier, um diese Familien zu unterstützen. Die Kinder sollen merken: Okay, ich spreche Portugiesisch oder Englisch oder eine andere Sprache, und das ist okay so, das ist toll so. Das ist nicht exotisch oder so, es ist einfach Teil des Lebens. Es gehört zur Normalität, dass man mehrsprachig ist.
Euer Träger ist IMBRADIVA, ein brasilianischer Frauenverein. Welchen Einfluss hat der Träger in eurem Kita-Alltag?
Einhundertprozent, und das ist gut so. Ich glaube, das ist ein sehr besonderes Merkmal unserer Einrichtung. Die Beratungsstelle von IMBRADIVA für Migrantinnen gibt es seit 25 Jahren und war der Ausgangspunkt für die Kita, die es jetzt seit 15 Jahren gibt. Wir haben bemerkt, dass es ein großes Bedürfnis dieser Familien, dieser Migrantinnen, war, einen sicheren Ort für die Kinder zu haben, damit sie sich selbst weiterentwickeln konnten.
Alle Themen, die wir bei uns in der Beratungsstelle hören, wie Rassismus, Diskriminierung, Gender Thematik, spiegeln sich hier in der Kita wieder. Wir thematisieren sie in der Kita mit den Erwachsenen, den Familien und auch kindgerecht mit den Kindern.
Gab es auch schon mal Fälle, wo das Praktikum nicht gut funktioniert hat aufgrund eures Konzepts?
Nein. Wenn wir Praktikant*innen einstellen, ist es nicht die Leitung, die zusagt. Das Team entscheidet. Diese Person hat dann mindestens einen ganzen Tag bei uns hospitiert. Und alle Kolleg*innen wissen Bescheid und sind aufgefordert in Kontakt zu treten, um sich eine Meinung zu bilden. Und das heißt nicht, dass wir bewerten, ob das vielleicht eine super tolle Person ist oder nicht. Das bedeutet nur, dass die Person zu unserem Kita-Konzept passt oder nicht. Es finden detailliert Gespräche statt, und wir sagen von Anfang an ganz klar, wer wir sind, wer der Träger ist.
Würdest du sagen, dass Praktikant*innen eine Bereicherung für euch sind?
Auf jeden Fall, Auszubildende können für jeden Träger eine Bereicherung sein. Sie bringen einen neuen Blick mit und stellen Fragen, über die wie uns manchmal keine Gedanken mehr machen. Praktikant*innen nehmen bei uns als Teammitglieder an den Dienstbesprechungen teil, damit sie auch mitentscheiden können. Mit Sicherheit können sie viel zur Kitaarbeit beitragen.
Wir brauchen aber auch ein paar Voraussetzungen. Praktikant*innen sollten auch ein bisschen was mitbringen, wie Flexibilität, Fachwissen, Interesse, etwas Neues zu lernen. Zum Beispiel Themen, die man in der Schule vielleicht nicht behandelt hat.
Initiative, wenn man die zeigt, kann man bei uns viel erreichen: „Der Himmel ist das Limit.“ Ich weiß nicht, ob man das auf Deutsch so sagt.
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